Wiederbewaldung mit Mischwald durch angepasste Jagd

Praxisworkshop „Zeitgemäße Bejagung von Kalamitätsflächen“

Gemeinsam mit dem Stadtwald Schmallenberg, dem Regionalforstamt Oberes Sauerland und dem Stadtwald Brilon lud die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) e. V. im Rahmen des Projektes WILD – WALD – INNOVATION (WiWaldI) am 21. und 22. März nach Winterberg-Altenfeld ein. Im Rahmen einer zweitägigen Veranstaltung wurden praxisnah Lösungsansätze und Strategien für eine gelingende Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen vorgestellt. Ein inhaltlicher Schwerpunkt lag hierbei neben der Erfassung und Bewertung der Verjüngungssituation auf einem Praxisworkshop zur zeitgemäßen Bejagung von Kalamitätsflächen inklusive Exkursion auf den Oberen Hunaukamm.

Durch die Folgen des Klimawandels (u.a. Trockenheit, Borkenkäfer, Extremwetterereignisse) sind seit 2018 bundesweit ca. 600.000 ha Kahlflächen entstanden. Auf über 5 % der Gesamtfläche Deutschlands sind somit wichtige Waldfunktionen wie Wasserspeicherung und –spende, Erosionsschutz, aber auch die Funktion des Waldes als Lebens- und Erholungsraum für viele Jahre nicht mehr gewährleistet. Diese
Entwicklung wird sich, so die allgemeine Sorge, verstetigen. Insbesondere bei den Baumarten Fichte, Kiefer und Buche wird der klimabedingte Vitalitätsverlust dieser Reinbestände zu weiteren großen Schadflächen führen. Das Sauerland ist bundesweit mit am stärksten betroffen. Die Wiederbewaldung dieser riesigen Flächen ist eine zentrale Herausforderung für die Waldbesitzenden. Angestrebt wird ein standortgerechter Mischwald. „Damit der Wald in seiner Vielschichtigkeit in Zukunft die gesellschaftlichen Anforderungen erfüllen kann, müssen alle für den Wald Verantwortlichen zusammenarbeiten“, appellierte Christian Bröker, Förster im Stadtwald Schmallenberg, an die eingeladenen Waldbesitzenden,
Revierleitenden, Jagdausübungsberechtigten und politischen Entscheidungsträger.
Ein bundesweites Problem ist, dass nicht angepasste Wildbestände im schlimmsten Fall die gesamte natürliche oder gepflanzte Mischung auffressen und nur noch eine Baumart – im Sauerland die Fichte – übrig bleibt. Die Fichte allein ist aber, auch das wurde in den Vorträgen deutlich, aufgrund der mit ihr verbundenen Risiken keine zukunftsfähige Option. Der Schlüsselfaktor für die Entwicklung stabilerer, gemischter, klimaresilienter Wälder sind daher angepasste Schalenwildbestände. Die Jagd kann und muss hierauf Einfluss nehmen, und zwar möglichst früh nach Entstehung der Kahlfläche oder, noch besser, bereits vorher. Die Bejagung hat so zu erfolgen, dass eine natürliche oder gepflanzte gemischte
Wiederbewaldung der Flächen ohne Schutz gelingt. Die Jagd trägt also eine entscheidende Mitverantwortung für den Waldumbau im Klimawandel.

„Bejagung ist eine Daueraufgabe im Dauerwald – gerade wenn dieser auf der Freifläche erst entstehen soll“, so Uli Osterheld von PRO JAGDKONZEPT, der in seinem Vortrag strategische und jagdpraktische Werkzeuge zur Bejagung von Kalamitätsflächen vorstellte. „Jede Bejagung muss einen Schwellenwert übersteigen, bis sie Wirkung entfaltet. Darunter kann man sie sich komplett sparen.“ Wo dieser Schwellenwert liegt, zeigt die Vegetation, das wurde auch in Prof. Dr. Torsten Vors Beitrag zur vegetationskundlichen Bewertung der Verjüngungssituation auf Kalamitätsflächen deutlich.

Ein Fokus der Veranstaltung lag daher neben der Vorstellung von Projektergebnissen zur ökologischen und ökonomischen Bewertung der Verjüngungssituation auch auf Überlegungen zu Jagdkonzepten und jagdlicher Infrastruktur auf Kalamitätsflächen. Diese Ansätze wurden im Rahmen der sich anschließenden Exkursion an konkreten Beispielen anschaulich demonstriert. Auch der Einsatz von Drohnentechnik bei der
Erfassung von Schalenwildbeständen und in der jagdlichen Praxis wurde gezeigt und diskutiert.

Die Veranstaltung verdeutlichte, dass durch die enge Verknüpfüng von praktischen Erfahrungen auf der einen und neusten wissenschaftlichen Ergebnissen auf der anderen Seite, innovative und praxistaugliche Lösungen für eine angepasste Bejagung und die erfolgreiche Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen entwickelt und umgesetzt werden können. Hierzu braucht es eine klare Priorisierung der waldbaulichen
Ziele und entsprechend mutige Entscheidungen bei der Organisation, Planung und Ausübung der Jagd.